Im Zuge der Corona-Krise wurde in Deutschland von vielen unbemerkt die Prohibition eingeführt: Wer Sex verkauft, macht sich strafbar und wird mit Bußgeldern bis zu 5.000 Euro bestraft. Gleichzeitig haben viele Betroffene keine Alternative als weiter zu machen, denn sonst drohen Hunger und existenzielle Not, wie die Sozialwissenschaftlerin Katharina Sass erläutert: “Die meisten prostituierten Frauen (und andere) in Deutschland haben keinen Zugang zu Leistungen der sozialen Sicherung („Hartz IV“), Kurzarbeitergeld oder Gesundheitsversorgung.” Manuela Schon, Soziologin und Aktivistin gegen Gewalt an Frauen, ergänzt: “Viele sind nicht in Deutschland gemeldet und ihren Zuhältern schutzlos ausgeliefert. Oder sie sind gemeldet, haben aber keine sozialen Netzwerke außerhalb des Milieus, die sie zur Unterstützung aktivieren könnten.”
Daher fordert das Netzwerk LINKE für eine Welt ohne Prostitution:
- Sofortige Bereitstellung von Notunterkünften für Prostituierte (in Hotels, Pensionen, Wohncontainern oder ähnlichem). Unterbringung in Bordellen lehnen wir grundsätzlich ab, da hierdurch die Abhängigkeit von den Betreibern wächst.
- Aufhebung des Leistungsausschlusses für EU-Bürgerinnen, unbürokratische Gewährung von SGB II oder VII-Leistungen; alternativ oder übergangsweise: sofortige Auszahlung finanzieller Hilfen (beispielsweise ein festes Tagegeld)
- Verteilung von Lebensmitteln und Hygieneprodukten
- Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung
- Planung und Bereitstellung längerfristiger Maßnahmen, die den Ausstieg aus der Prostitution erleichtern sollen (Bildungsangebote, psychologische Betreuung) und echte Erwerbsalternativen bieten
- Logistische und finanzielle Unterstützung der Frauen, die in dieser Situation in ihre Heimatländer zu ihren Familien, häufig von Familienangehörigen betreute Kinder, reisen möchten
- Bestrafung von Freiern, die trotz Corona weiter Sex kaufen
- Bestrafung von Bordellbetreibern und Zuhältern, die weiterhin von der Prostitution anderer profitieren
- Keine Kriminalisierung von Prostituierten, auch nicht in Form von Bußgeldern nach dem IfSG; Rücknahme der entsprechenden Regelungen. In der Prostitution haben die Nachfrager und Organisatoren die Macht, nicht die Prostituierten. Deshalb muss das Straf- und Ordnungsrecht auf der Seite der Prostituierten stehen, wie es im Nordischen Modell der Fall ist.
“Ein sofortiges Handeln sowohl auf kommunaler Ebene, auf Landes- und Bundesebene ist erforderlich!”, erklärt Manuela Schon abschließend für das Netzwerk LINKE für eine Welt ohne Prostitution.